Programm ändern, nicht neu schreiben!
Das Programm muss Mitgliedern, InteressentInnen an einer Mitgliedschaft und WählerInnen wahr und klar die Grundüberzeugungen nennen, auf denen die Arbeit der Partei aufbaut. Das darf auch nicht zu weit ins Detail gehen, damit nicht der große Überblick verloren geht. Es ist daher nicht erforderlich, den vom Bundesvorstand vorgelegten Entwurf ganz oder teilweise völlig neu zu formulieren. Es genügen meist kleinere Korrekturen. Einige wichtige nenne ich nachstehend (jeweils mit Begründung):
Im Kapitel IV wird den Kirchen u. Religionsgemeinschaften ein eigener Abschnitt gewidmet. Dagegen ist nichts zu sagen (gegen die konkrete Formulierung schon, aber dazu weiter unten). Wenn das so ist, dann muss auch den "Gewerkschaften, Betriebs- und Personalräten" ein eigener Abschnitt, mit Überschrift, gewidmet werden. Der geeignete Platz ist m. E. das Ende des Kap. III, auf Seite 10. Dazu braucht man keine Neuformulierung. Es kann der letzte Absatz, linke Spalte, S. 17, verwendet werden, wenn Betriebs- und Personalräte zusätzlich mit hineingeschrieben werden.
S. 13, rechte Spalte, Zeile 3: Ersetze das Wort „kurzsichtig“ durch „egoistisch“. Begründung: Wenn der Typ von Finanzinvestoren, der hier offenbar gemeint ist, nicht kurzsichtig ist, dann ist die Zerstörung, die er schafft, auf die lange Sicht nur umso größer. Es kommt nicht auf die Art der Fehlsichtigkeit eines Finanzinvestors an, sondern auf die Motivation und Taktik, mit der er investiert. (Es gibt auch sehr hilfreiche Finanzinvestitionen.)
S. 13, rechte Spalte, vorletzter Absatz, Zeile 4: Ersetze „Europaverträge von grundlegender Bedeutung“ durch „Entscheidungen der EU-Legislative“. Begründung: Warum sollte der Volksentscheid in Europa so eingeschränkt werden? Der sehr hohe Aufwand für ein Volksbegehren auf europäischer Ebene sorgt automatisch dafür, dass nur wirklich wichtige Angelegenheiten schließlich zur Abstimmung stehen.
S. 13, rechte Spalte, letzter Absatz, Zeile 1: Streiche „und den Ausbau des Sicherheitsstaates“. Begründung: Der Begriff ist zu unbestimmt. Was ist unter einem „Sicherheitsstaat“ zu verstehen, was nicht? Was wir im einzelnen wollen, wird gleich anschließend erläutert, und zwar positiv gewendet, nicht in unspezifischen Befürchtungen.
S. 14, rechte Spalte, drittletzter Absatz, Zeile 8: Nach „…Studierende einfügen: „, dessen Leistungen im Bachelorstudium ein erfolgreiches Masterstudium erwarten lassen, „ Ein abstrakter Rechtsanspruch auf den Studienplatz nutzt nichts, wenn das Scheitern im Studium absehbar ist. Das wäre ein sog. „Danaergeschenk“.
S. 15, linke Spalte, 5. Absatz: Dieser Absatz gehört versetzt auf die Seite 14, linke Spalte, als neuer 6. Absatz, gleich nach „Antidiskriminierungspolitik“. Er muss dann aber auch angepasst werden, insbes. Auch an den darüberstehenden Absatz „Einwanderungsland Dtschld.“: Begründung hier als Vorspruch: Man muss berücksichtigen, dass Religionsgemeinschaften ihren „besonderen Auftrag“ i. a. von ihrem Religionsstifter erhalten. Somit gibt es in einem Einwanderungsland eine kaum zu überblickende Fülle solcher „Aufträge“. Schon daraus ergibt sich die Neutralitätspflicht jeder Staatspolitik gegenüber der Religion und umgekehrt. Formulierungsvorschlag: „In einem diskriminierungsfreien Einwanderungsland herrscht Religionsfreiheit. DIE LINKE bekennt sich dazu. Religionsfreiheit heißt aber auch: Eine weltanschauliche Gruppe darf eine andere Gruppe bei der Ausübung ihrer Weltanschauung nicht stören, belästigen oder gar bedrohen. Dies gilt selbstverständlich auch für den bewussten Verzicht auf religiöse Überzeugungen und Gebräuche (in Deutschland traditionell „Geistesfreiheit“ genannt). Der Staat darf keine Weltanschauung gegenüber anderen bevorzugen. DIE LINKE fordert daher, besondere Verträge des Staates mit oder gesetzliche Privilegien für bestimmte Religionsgemeinschaften nach einer angemessenen Übergangsfrist zu beenden. Zahlreiche Religionsgemeinschaften sind auch Träger der öffentlichen Wohlfahrtspflege und leisten hier oft sehr gute Arbeit, die kurzfristig unverzichtbar erscheint. Als solche Träger können sie auch öffentliche Förderung erhalten, wenn sie Dienstleistungen in diskriminierungsfreier Form für die Gesamtgesellschaft erbringen. Es ist mit den Menschenrechten in einem diskriminierungsfreien Staat aber nicht vereinbar, wenn Religion als Vorwand genutzt wird, um Druck auf Menschen auszuüben, sei er psychischer, finanzieller oder arbeitsorganisatorischer Art. Religiöse Überzeugung darf keine Grundrechte außer Kraft setzen. Im Schulunterricht soll das Prinzip der Diskriminierungsfreiheit durchgängig gelehrt werden, also auch in Bezug auf Weltanschauung und Religion. Das bedeutet, dass der Staat oder Kommunen nur einen Ethikunterricht anbieten dürfen, der historische Fakten nach bestem Wissen richtig darstellt und neutral über religiöse und humanistische Überzeugungen informiert. Religionsunterricht, der nur die Lernziele einer einzelnen Religionsgemeinschaft vermittelt, darf an Schulen der öffentlichen Hand kein Pflichtfach sein. Findet er in angemieteten öffentlichen Schulräumen statt, müssen auch seine Inhalte von der Schulaufsicht überwacht werden, wie jedes andere Fach auch.“
S. 15, rechte Spalte, vorletzter Absatz, Zeile 2: „Das Energiekartell“ bleibt stehen, der Rest des Satzes wird ersetzt durch: „ aus wenigen großen Anbietern, welche den Markt der leitungsgebundenen Energieversorgung unter sich aufgeteilt haben, muss entflochten und einer strikten öffentlichen Kontrolle unterworfen werden. Örtliche Energieversorger sind zu rekommunalisieren.“ Begründung: Mono = ein. Wenn es mehrere Anbieter gibt, existiert also kein Monopol, sondern ein Oligopol. Der (praktisch gesehen) synonyme Begriff „Kartell“ ist aber einfacher und bekannter. Deshalb soll er stehen bleiben. Auch bei bestem Willen wird man nicht die gesamte Energieversorgung rekommunalisieren können. Gas gibt es nun mal an nur relativ wenigen Orten der Erde, dort aber in großen Mengen. Nur ein überregionales elektrisches Verbundnetz kann die heute gewohnte Ausfallsicherheit und Qualität der Dienstleistungen garantieren.
S. 15, rechte Spalte, vorletzter Absatz, Zeile 10: In die Aufzählung ist noch mit aufzunehmen: Geothermie.
S. 16, linke Spalte, 3. Absatz, Zeile 3: Streiche die Sätze „Wir fordern ein sofortiges Ende …“ sowie „Dazu gehören auch ….“ Formale Begründung: Hier ist in dem Bestreben, ein Alleinstellungsmerkmal der LINKEN aus der heutigen Tagespolitik öffentlichkeitswirksam zu präsentieren, etwas hineingeschrieben worden, was in ein Grundsatzprogramm, das viele Jahre lang gelten soll, nicht hineinpasst, weil es auf die Tagespolitik bezogen ist. Siehe: „sofortiges Ende“: Wann ist „sofort“? 2010?, 2012, wenn das Programm endgültig verabschiedet wird?. 2013, wenn wieder Bundestagswahl ist? Inhaltliche Begründung: Es gibt, realistisch betrachtet, Gruppierungen auf der Welt, welche fanatisch auf Zerstörung abzielen. Dabei wird individuelles Leben und auch staatliches Zusammenleben zerstört. Solchen organisierten Banden kann man ohne Waffeneinsatz nicht Einhalt gebieten. Wird das Programm so beschlossen und eingehalten wie es entworfen wurde, dann gibt es nur 2 Möglichkeiten: 1. Der Ausbreitung dieser Gruppierungen tatenlos zuzusehen, bis sie die Fundamente des deutschen Staates zu zerstören drohen. Dann darf man eingreifen, denn Selbstverteidigung der BRD verbietet das Grundsatzprogramm nicht. 2. Die bewaffneten Einsatzkräfte mit Uniformen der Polizei des bedrohten Staates einzukleiden und sie als Polizeikräfte dieses Landes zu deklarieren. Von daher erscheint es einfacher und ehrlicher, sich auf das Aufsetzen eines UNO-Blauhelms zu beschränken. Rein pragmatisch betrachtet käme bei diesem Passus ohnehin nur heraus: die LINKE schränkt ihr Wählerpotential selbst ein, auf dass die anderen politischen Kräfte umso eifriger und ungestörter in zweifelhaften militärischen Bündniszusammenhängen „Über-UNO“ spielen können.
S. 16, rechte Spalte, vorletzter Absatz, vorletzte Zeile: Ersetze den Satz durch: „Produktionsverlagerungen aus dem Norden in den Süden sind nur dann zulässig, wenn die Volkswirtschaft des Ziellandes daraus Vorteile ziehen kann.“ Begründung: Der hier im Entwurf stehende Satz widerspricht dem Programmentwurf, peinlicherweise gleich dem nächstfolgenden Satz. Dort wird gefordert, die Verarbeitung der Rohstoffe in den Entwicklungsländern (selbst) zu fördern. Würde der oben monierte Satz stehenbleiben, könnte letzterem Satz nur dann entsprochen werden, wenn auf dem Weltmarkt ein solches Wachstum stattfindet, dass sowohl die im Norden weiterhin produzierten Waren als auch zusätzlich die Waren aus den Entwicklungsländern absetzbar wären. Eine Angleichung der wirtschaftlichen Größenordnungen zwischen Nord und Süd wäre nicht zulässig. Fazit: Nicht jede Veränderung im weltwirtschaftlichen Gefüge ist von vorneherein schlecht.
S. 17, linke Spalte, letzter Absatz: Zur Erinnerung: dieser sollte nach S. 10 transferiert werden.
S. 18, linke Spalte, 3. Absatz, Zeile 7: Streiche: „Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland zulässt“. Begründung: Siehe S. 16, linke Spalte, 3. Absatz, Zeile 3: Diese Streichung ist eine Konsequenz der dortigen Streichung. Im Übrigen: Rein destruktive Kampfeinsätze werden durch den stehen bleibenden Rest des Satzes hinreichend stark abgelehnt.
S. 18, linke Spalte, 4. Absatz, Zeilen 4-5: Ersetze „parlamentarische Logik“ durch „parlamentsnahe Lobbyisten“. Begründung: Was ist eine „parlamentarische Logik“? Antwort: Es gibt nur eine Logik, diejenige welche G. Leibniz, G. Boole und C. Shannon beschrieben haben. Es bedarf offensichtlich keiner unklarer Begriffe, man kann mit ebenfalls 2 Wörtern deutlich sagen, was Sache ist.
Gerhard Steeger
Dipl.-Ing. (FH) Michael Czybor ist dafür
Unabhängig von dem Inhalt der hier vorgeschlagenen Änderungswünsche halte ich die Vorgehensweise grundsätzlich für sinnvoll. Noch besser wäre eine gegliederte, also themenbezogene, Sammlung.